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Fin Whale
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Birgit Lutz

In ihrer Polarkolumne, die ab 2021 immer freitags auf unserer Homepage neu erscheint, schreibt die Expeditionsleiterin und Autorin Birgit Lutz über alle Themenfelder der Polarregionen - von großen Erlebnissen und kleinen Momenten auf eigenen Reisen über aktuelle Entwicklungen in Arktis und Antarktis bis hin zu praktischen Informationen für Ihre Reisevorbereitung oder Empfehlungen zur Polarliteratur.

Notizen aus dem Eis 117 | Der Finnwal

Nun dürfen sie also doch wieder gejagt werden, die Finnwale rund um Island. Zeit, sich diese großen Meeressäuger mal genauer anzuschauen.

Noch vor ein paar Wochen hoffte ich an dieser Stelle auf ein gutes Wal-Jahr, für die Finnwale, die Island nahekommen. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt, die isländische Ministerin Bjarkey Olsen Gunnarsdóttir der Linksgrünen hat dem letzten verbliebenen Finnwalfänger Kristján Loftsson nun doch wieder eine Lizenz erteilt, erteilen müssen, besser gesagt, denn verbieten kann sie die Waljagd aufgrund fehlender Mehrheiten nicht.

Die Lizenz gilt zwar nur für ein Jahr, aber in dieser Saison dürfte Loftsson also 128 Finnwale schlachten, 99 davon westlich und 29 östlich der Insel. Mit dieser Lösung ist niemand glücklich, weder die Ministerin noch Umweltschützer noch der Walfänger selbst, der beklagt, dass er mit einer Einjahreslizenz nicht wirtschaftlich arbeiten kann.

Am unglücklichsten aber sind wahrscheinlich die Finnwale. Die zweitgrößte Walart der Welt nach den Blauwalen hatte lange Zeit das Glück, nicht das erste Ziel von Walfängern zu sein, weil sie so schnell schwimmen und viel Zeit im offenen Meer verbringen. Der Finnwal ist einer der schnellsten Großwale, er kann bis zu 50 km/h erreichen und taucht gerne tiefer als 200 Meter. Aber mit der Erfindung der Kanonenharpune rückte auch der Finnwal in den Fokus der Jäger, vor allem auch, als der Blauwal nahezu ausgerottet war. 1937/38 wurden im Südpolarmeer mehr als 28.000 Finnwale getötet. Bis in die späten 1960er Jahre ging dieses Schlachten weiter, bis auch diese Bestände nahezu geplündert waren.

Nach dem Walfangmoratorium von 1982 erlaubte die isländische Regierung 2006 den Walfang wieder. Man schätzt, dass es einst etwa 500.000 Finnwale gab, während der heutige Bestand noch etwa 50.000 Tiere umfasst. Sie gelten deswegen als gefährdete Art.

Finnwale sind der nächste Verwandte des Blauwals, die beiden Arten können sogar Hybride erzeugen. Bei Beobachtungen ist es anfänglich manchmal schwer, genau zu erkennen, ob man es nun mit einem Blau-oder Finnwal zu tun hat. Beide haben einen großen Blas, wobei der des Blauwals eben noch größer und buschiger ist. Wenn die Sonne einen nicht hinters Licht führt, ist auch die unterschiedliche Farbzeichnung gut erkennbar, Blauwale sind, Überraschung, heller und blauer, während die Rücken der Finnwale dunkler gefärbt sind; der Bauch ist weiß. Das beste Merkmal aber hat ihm schließlich auch seinen Namen gegeben: Während der Blauwal nur eine kleine, weit hinten sitzende Rückenfinne hat, ist die des Finnwals deutlich ausgeprägt, sie ist höher, breiter und sitzt etwas weiter vorne.

Männchen werden im Norden bis zu 24, im Süden bis zu 27 Metern lang, die Weibchen werden etwas größer. Bis zu 70 Tonnen bringt ein solches Tier auf die Waage, daran kann man auch erkennen, wie lohnend der Fang nur eines Tieres einst war – es handelt sich einfach um große Mengen Fleisch und Fett, aus dem das begehrte Öl gewonnen wurde. Wobei Blauwale noch viel lohnender waren.

Mehr als hundert Jahre können Finnwale alt werden, das Alter eines in Dänemark gestrandeten Wals konnte auf etwa 140 Jahre festgelegt werden. Man stelle sich vor, dieser Wal kam um 1880 zu Welt. Altwerden ist aber auch für Wale nicht nur ein Vergnügen, bei diesem Tier wurde Arthrose diagnostiziert.

Der Finnwal gehört zu den Bartenwalen, das heißt, er schwimmt mit geöffnetem Maul durch Krillschwärme und siebt dabei die kleinen Lebewesen wie Krill, seine Hauptnahrung, aus. Faszinierend ist dabei, wie der Finnwal vorgeht: Er umkreist zuerst den Krillschwarm und treibt die Tiere so zusammen. Dann legt er sich mit offenem Maul auf die rechte Seite und nimmt mit seinem riesigen Schlund bis zu 80 Tonnen Meerwasser auf! Das ist immerhin mehr, als er selber wiegt. Das Meerwasser presst er dann wieder hinaus, übrig bleibt der Krill und kleine Fische. Und Plastikmüll, denn das unterscheidet er auf diese Weise nur schlecht. Bis zu zwei Tonnen Nahrung nimmt ein Finnwal am Tag auf, was wieder einmal zeigt, wie viele der klitzekleinen Krille es braucht, damit das marine Nahrungsnetz intakt bleiben kann.

Im Winter wandern die Finnwale in gemäßigt-warme Gewässer, dort paaren sie sich und bekommen auch – dann in der nächsten Saison – ihre Jungen. Die Kälber sind etwa sechseinhalb Meter lang und wiegen stolze 1800 Kilogramm. Ein halbes Jahr lang wird es gesäugt, bis es mehr als zehn Meter lang ist.

Finnwale sind schön zu beobachten. Sie zeigen zwar nicht so dekorativ wie Buckelwale ihre Fluken, drehen sich aber beim Fressen häufig auf die Seite und man sieht manchmal sehr viel von den Tieren, wenn sie auftauchen. Auch die Geräuschkulisse ist enorm, wenn sie ihren großen Blas in den Himmel prusten.

Wenn sie aus den Winterquartieren wieder nach Norden kommen, kann man ihnen in diesem nordischen Sommer nur raten, Island zu meiden.

Bis in zwei Wochen!

Eure
Birgit Lutz

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Die Lizenz gilt zwar nur für ein Jahr, aber in dieser Saison dürfte Loftsson also 128 Finnwale schlachten, 99 davon westlich und 29 östlich der Insel. Mit dieser Lösung ist niemand glücklich, weder die Ministerin noch Umweltschützer noch der Walfänger selbst, der beklagt, dass er mit einer Einjahreslizenz nicht wirtschaftlich arbeiten kann.

Am unglücklichsten aber sind wahrscheinlich die Finnwale. Die zweitgrößte Walart der Welt nach den Blauwalen hatte lange Zeit das Glück, nicht das erste Ziel von Walfängern zu sein, weil sie so schnell schwimmen und viel Zeit im offenen Meer verbringen. Der Finnwal ist einer der schnellsten Großwale, er kann bis zu 50 km/h erreichen und taucht gerne tiefer als 200 Meter. Aber mit der Erfindung der Kanonenharpune rückte auch der Finnwal in den Fokus der Jäger, vor allem auch, als der Blauwal nahezu ausgerottet war. 1937/38 wurden im Südpolarmeer mehr als 28.000 Finnwale getötet. Bis in die späten 1960er Jahre ging dieses Schlachten weiter, bis auch diese Bestände nahezu geplündert waren.

Nach dem Walfangmoratorium von 1982 erlaubte die isländische Regierung 2006 den Walfang wieder. Man schätzt, dass es einst etwa 500.000 Finnwale gab, während der heutige Bestand noch etwa 50.000 Tiere umfasst. Sie gelten deswegen als gefährdete Art.

Finnwale sind der nächste Verwandte des Blauwals, die beiden Arten können sogar Hybride erzeugen. Bei Beobachtungen ist es anfänglich manchmal schwer, genau zu erkennen, ob man es nun mit einem Blau-oder Finnwal zu tun hat. Beide haben einen großen Blas, wobei der des Blauwals eben noch größer und buschiger ist. Wenn die Sonne einen nicht hinters Licht führt, ist auch die unterschiedliche Farbzeichnung gut erkennbar, Blauwale sind, Überraschung, heller und blauer, während die Rücken der Finnwale dunkler gefärbt sind; der Bauch ist weiß. Das beste Merkmal aber hat ihm schließlich auch seinen Namen gegeben: Während der Blauwal nur eine kleine, weit hinten sitzende Rückenfinne hat, ist die des Finnwals deutlich ausgeprägt, sie ist höher, breiter und sitzt etwas weiter vorne.

Männchen werden im Norden bis zu 24, im Süden bis zu 27 Metern lang, die Weibchen werden etwas größer. Bis zu 70 Tonnen bringt ein solches Tier auf die Waage, daran kann man auch erkennen, wie lohnend der Fang nur eines Tieres einst war – es handelt sich einfach um große Mengen Fleisch und Fett, aus dem das begehrte Öl gewonnen wurde. Wobei Blauwale noch viel lohnender waren.

Mehr als hundert Jahre können Finnwale alt werden, das Alter eines in Dänemark gestrandeten Wals konnte auf etwa 140 Jahre festgelegt werden. Man stelle sich vor, dieser Wal kam um 1880 zu Welt. Altwerden ist aber auch für Wale nicht nur ein Vergnügen, bei diesem Tier wurde Arthrose diagnostiziert.

Der Finnwal gehört zu den Bartenwalen, das heißt, er schwimmt mit geöffnetem Maul durch Krillschwärme und siebt dabei die kleinen Lebewesen wie Krill, seine Hauptnahrung, aus. Faszinierend ist dabei, wie der Finnwal vorgeht: Er umkreist zuerst den Krillschwarm und treibt die Tiere so zusammen. Dann legt er sich mit offenem Maul auf die rechte Seite und nimmt mit seinem riesigen Schlund bis zu 80 Tonnen Meerwasser auf! Das ist immerhin mehr, als er selber wiegt. Das Meerwasser presst er dann wieder hinaus, übrig bleibt der Krill und kleine Fische. Und Plastikmüll, denn das unterscheidet er auf diese Weise nur schlecht. Bis zu zwei Tonnen Nahrung nimmt ein Finnwal am Tag auf, was wieder einmal zeigt, wie viele der klitzekleinen Krille es braucht, damit das marine Nahrungsnetz intakt bleiben kann.

Im Winter wandern die Finnwale in gemäßigt-warme Gewässer, dort paaren sie sich und bekommen auch – dann in der nächsten Saison – ihre Jungen. Die Kälber sind etwa sechseinhalb Meter lang und wiegen stolze 1800 Kilogramm. Ein halbes Jahr lang wird es gesäugt, bis es mehr als zehn Meter lang ist.

Finnwale sind schön zu beobachten. Sie zeigen zwar nicht so dekorativ wie Buckelwale ihre Fluken, drehen sich aber beim Fressen häufig auf die Seite und man sieht manchmal sehr viel von den Tieren, wenn sie auftauchen. Auch die Geräuschkulisse ist enorm, wenn sie ihren großen Blas in den Himmel prusten.

Wenn sie aus den Winterquartieren wieder nach Norden kommen, kann man ihnen in diesem nordischen Sommer nur raten, Island zu meiden.

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Eure
Birgit Lutz